Im Ernst-Ludwig-Haus
1971 zieht die Geschäftsstelle des Deutschen Werkbunds von Berlin nach Darmstadt. Initiiert wurde der Ortswechsel unter anderem durch den Oberbürgermeister Heinz-Winfried Sabais, selbst Mitglied im Werkbund. Er setzt sich für eine finanzielle Unterstützung des Deutschen Werkbunds durch die Stadt Darmstadt ein. Im selben Jahr tritt der Soziologe Michael Andritzky als neuer Generalsekretär des Werkbunds seine Stelle an. Er verstärkt die Öffentlichkeitsarbeit und schafft neue Organisationsstrukturen. Probleme des gesellschaftlichen Wandels, insbesondere der Stadtentwicklung, werden zum Thema und kontrovers diskutiert: Stadtsanierung, Umweltschutz und die Suche nach alternativen Wohnformen bestimmen die Werkbundarbeit der siebziger Jahre unter dem Vorsitz des Architekturhistorikers Julius Posener (1972-1976). Posener greift damit Positionen auf, die bereits sein Vorgänger, der Soziologe Hans Paul Bahrdt, in seinen Publikationen zum humanen Städtebau seit Anfang der sechziger Jahre vertreten hatte.
Als Nachfolger Poseners führt der Schweizer Lucius Burckhardt (1976-1983) mit Ot Hoffmann das Engagement für eine bessere Umwelt mit der Gründung der Internationalen Werkbundgespräche fort. Auf den zweimal jährlich in Darmstadt stattfi ndenden Tagungen werden aktuelle Fragen zu Architektur und Produktgestaltung kritisch diskutiert. Neue Orientierungen im Bauen und Wohnen werden unter Stichworten wie Regionalismus, Ökoarchitektur und Partizipation erörtert. Entscheidende Impulse gehen vor allem von dem vielbeachteten 3. Werkbundgespräch „Oekoarchitektur. Bauen mit der Natur“ aus. Solche Ideen sollen in einer Darmstädter „Werkbundsiedlung“ in Kranichstein realisiert werden: Geplant ist ein Selbsthilfeprojekt für Familien mit niedrigem Einkommen, das jedoch nicht verwirklicht werden kann. Immerhin führen die Initiativen des Werkbunds 1983 zur Gründung des „Wohnbund e. V.“ in Darmstadt.
Der Werkbund macht mit provokativen Ausstellungen wie „Weiter wohnen wie gewohnt?“ auf sich aufmerksam. Dabei kommen zunehmend auch audiovisuelle Medien zum Einsatz. Die Diaserien werden vervielfältigt, zu Lehrzwecken verkauft und in Veranstaltungen gezeigt. So wird die Diaserie „Alternativen zum gewohnten Wohnen“ 1979 von Michael Andritzky in dieser Ausstellung präsentiert.