Deutscher Werkbundtag 1998
Deutscher Werkbundtag 1998
Von der Industriegesellschaft zur Kulturgesellschaft - Arbeit im Wandel
13.11.1998, 11:00 Uhr - 14.11.1998, 18:00 Uhr
Der Werkbundtag 1998 thematisierte zukünftige Formen der Arbeit. Dieser Begriff „Arbeit“ war damals nicht nur wegen der sich abzeichnenden dauerhaft hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch wegen tief greifender Veränderungen in der Arbeitswelt selber hochaktuell. Der Werkbund selber wollte sich auch fragen, wie seine Arbeit als ideelle, ehrenamtliche, aber mit hohem professionellem Anspruch betriebenen Aktivitäten sich in Zukunft strukturieren und organisieren sollten.
Er begann mit Grußworten des Darmstädter Oberbürgermeisters Benz in der beeindruckenden - aber kalten – Halle mit Druckereimaschinen im „Haus für Industriekultur“ und war der erste Werkbundtag, ohne finanzielle Förderung der Kulturstiftung der Länder. Um die leeren Kassen ein wenig aufzufüllen, stand der erste Abend ganz im Zeichen einer Versteigerung von „Dingen des Werkbundes“, die von Mitgliedern zugunsten der Werkbundarbeit insgesamt gespendet worden waren. Yvonne Endes hatte sie zusammengebracht und Werner Durth mit Michael Andritzky versteigerten sie. Tagsüber jedoch informierten die einzelnen Landeswerkbünde über ihre wichtigen Arbeiten und Projekte, die trotz unterschiedlicher Zielrichtungen „alle inhaltliche Qualitäten der Arbeit in der Kulturgesellschaft – Komplexität, Sensibilität, Prozesshaftigkeit, Kreativität -“, zeigen, wie Peter Zlonitzky, Vorsitzender des DWB e.V. in seiner Abschlussrede betonte. Die Suche nach einem gemeinsamen Ziel beherrschte die Diskussion.
Mittelpunkt des 2.Tages war eine Podiumsdiskussion mit Referaten und Statements zum Thema. Hierzu waren Gäste eingeladen. Während Andreas J. Wiesand, Zentrum für Kulturforschung, Bonn, den Begriff „Kulturgesellschaft“ jenseits eines konventionellen Kulturbegriffs erläuterte, warb Jürgen Uwe Ohlau für die Kulturstiftung Sachsen und den Anspruch seines Landes, ein „Kulturstaat“ zu sein. Elmar Schuller, Designzentrum Essen dagegen betonte das Prozesshafte, das Machen von Kultur. Edeltraut Reißig stellte die „Akademie für Gestaltung im Handwerk“ der Handwerkskammer Ulm vor, deren Bildungsintention auf der Vermittlung von Gestaltungskompetenz liegt. Brigitta Wortmann dagegen sah das Selbstverständnis der „Galerie für Architektur und Arbeit“, Gelsenkirchen, in der Kommunikation und Moderation zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen die sich mit dem Wandel der Arbeit beschäftigen. Sabine Süß berichtete über den Umgang mit dem Thema „Zukunft der Arbeit“ im von Nouvel konzipierten Ausstellungspavillon auf der Expo Hannover. Der Designer Theo Ballmer, Basel, sprach über das scheinbar Nebensächliche, das doch nicht nebensächlich ist, über die Werkbeschriftung bei der Firma Novartis in Basel. Mit dem Zusammenhang von Arbeit und Ökologie setzten sich auf je andere Weise sowohl Thomas Kaiser vom Institut für Energie- und Umwelttechnik, München, als auch der Bonner Kunsthistoriker Walfried Pohl auseinander. Heribert Wingenfeld, Betriebsrat bei der Lufthansa System GmbH suchte nach einem neuen Arbeitszeitmodell für die Mitarbeiter, während sich Joachim Brech, Wohnbund e.V., Frankfurt a.M., sehr viel weniger konkret, sondern visionär mit der Arbeit der Zukunft in einer Kulturgesellschaft, die eine Wissensgesellschaft sein wird, beschäftigte.
Fazit jedoch war: der Charakter von Arbeit kann sich entscheidend verändern, kulturelle Werte und Fähigkeiten müssen dabei eine zentrale Rolle spielen. Um auf dem Wege dorthin nicht zu verzagen, erinnerte Angelika Arras, Syntropie-Stiftung für Zukunftsgestaltung, Basel, an Saint Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“